Begriffsgeschichte


Zur Geschichte des Begriffes „Steuern“

Bereits zur Zeit der mesopotamischen Hochkulturen existierte die Idee, Steuern zu erheben. Im neuzeitlichen Europa kann sie sich aber erst viel später durchsetzen. Der Bedeutungswandel des Begriffes „Steuern“ zeigt sowohl die unterschiedlichen Konzepte der Besteuerung als auch die verschiedenen Ausprägungen von Staatlichkeit auf.

Von der Hilfe in Notlagen…

„Steuer“ ist aus dem althochdeutschen Wort „stiura“ („Stütze“, „Hilfe“) abgeleitet und bezeichnete ursprünglich die Hilfe, welche die adligen Landsassen ihrem Landesherrn als Gegenleistung für Schutz und Schirm in Notlage leisteten. Die Idee an sich ist noch älter: Schon Anfang des 3. Jahrhunderts v. Chr. tauchte der Begriff „zag“ als sumerische Bezeichnung für die Zehntsteuer auf, die der Obrigkeit am Ende der Ernte zu entrichten war.

„Steuern“ waren bis in die Frühe Neuzeit häufig Beiträge in Form von Naturalien oder Frondienst. In den neuzeitlichen Flächenstaaten spielten Steuern lange Zeit jedoch bloss eine untergeordnete Rolle: Die Staatsausgaben werden primär durch die Einnahmen aus dem Vollzug der königlichen Hoheitsrechte und aus den königlichen Besitztümern gedeckt.

…zur regelmässigen Steuer

Lange Zeit herrschte die Überzeugung vor, dass Steuern nur in Notlagen erhoben werden sollten, auch wenn regelmässige Steuererhebungen bereits ein fester Bestandteil der Staatsfinanzierung waren. Erst mit Beginn der Aufklärung änderte sich das. Zentral wurde nun die Frage nach gerechten und sinnvollen Steuern. Einen grossen Einfluss auf die moderne Steuergesetzgebung hatten die Grundsätze von Adam Smith (1723–1790), der unter anderem verlangte, „dass sich [der] Beitrag nach dem Einkommen richten sollte, das [die Bürger] unter dem Schutz des Staates erwirtschaften“.

Damit war nicht nur die Einkommenssteuer vorgezeichnet, die sich in ihrer modernen Form erst im 19. Jahrhundert etablierte, sondern auch das sogenannte Äquivalenzprinzip: Die Steuern als Entgelt für Leistungen, die der Staat gegenüber dem Einzelnen erbringt. Die Erhebung von Steuern wurde vor diesem Hintergrund zu einem standardisierten Prozess. Das Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit setzte sich im liberalen Denken des 19. Jahrhunderts allmählich durch und gehört noch heute zu den Grundprinzipien des Schweizer Steuersystems.

Junges Land, neue Steuern

Dass der langsame Übergang zur regelmässigen Steuererhebung auch in der Schweiz über die Berufung auf Notlagen verlief, findet begrifflichen Wiederhall in der Kriegssteuer, der ersten Bundessteuer. Mit dem „Grossen Krieg“ (1914-1918) war eine so ausserordentliche Notlage geschaffen, dass die föderal begründete und tiefsitzende Skepsis vor einer Bundessteuer an Boden verlor. Die Notlage und der durch die Mobilmachung akute Finanzbedarf waren wichtige Legitimationsgrundlage, wie auch der Bundesrat in seiner Botschaft zur Kriegssteuer deutlich machte: „Wenn wir sehen, wie in so vielen Staaten weite Landesgegenden der Verheerung und der Zerstörung preisgegeben sind, so wird niemand im ‚Schweizerland‘ zögern, im Masse seiner Mittel die dem Bunde aus der schrecklichen Gegenwart erwachsenen Lasten mitzutragen.“ Steuern auf Luxus oder Konsum hätten als erste Bundessteuern wohl einen ebenso schweren Stand gehabt wie eine unbefristete neue Steuer.

Steuern im Dienst des finanziellen und sozialen Gleichgewichts

Im Verlauf des 20. Jahrhunderts blieb das Äquivalenzprinzip ein wichtiger Bezugspunkt in den Debatten über das Wesen von Steuern. Parallel dazu wurden „Charakter und Beschaffenheit einer Steuer“ – so der Bundesrat in einer Botschaft aus dem Jahre 1934 – anhand dreier „Momente“ definiert: dem Steuerobjekt, dem/der Steuerpflichtige und dem Steuermass. Unterschieden wurde dabei zwischen zweckbestimmten (z.B. Biersteuer, Luxussteuer) und allgemeinen Steuern (z.B. Mehrwertsteuer).

Hintergrund für die Einführung oder Weiterentwicklung beider Steuerarten war seit dem Ersten Weltkrieg die durchgehend als kritisch eingeschätzte finanzielle Lage des Bundes, wobei während des Zweiten Weltkriegs noch der „Wille zur wirtschaftlichen Selbstbehauptung“ hinzu kam. Bis heute zeigen die verschiedenen Begriffe der einzelnen Steuern, dass die staatliche Mittelbeschaffung von Gedanken der Umverteilung (z.B. Vermögenssteuer) und gesellschaftlichen Steuerung (z.B. Energiesteuern) begleitet wird.